Der "schwierige" Hund (beispielhaft erzählt anhand von Begebenheiten mit meiner Border-Mix-Hündin Kenzie, 2008 aus schlechten Verhältnissen im Alter von 5 1/2 Monaten übernommen - siehe auch "Alltagsteam")

Den „schwierigen“ Hund gibt es so per se eigentlich nicht, deswegen tue ich mich mit der Begrifflichkeit auch ein wenig schwer. In der Regel wird ein „schwieriger“ Hund erst im Laufe der Zeit auffällig, meist aufgrund fehlender, mangelhafter oder inkonsequenter Sozialisierung, Erziehung und/oder Ausbildung oder als Folge negativer Erfahrungen. Umso wichtiger ist es, die eigentliche Ursache für das Fehlverhalten zu erkennen, ist dies doch die Basis, um auf auftretende Probleme angemessen reagieren zu können.

So kann zum Beispiel das Jagen von Autos darauf hindeuten, dass der Hund nicht gelernt hat, Bewegungsreize auszuhalten oder auch ein Zeichen von ständig unterdrücktem Jagdtrieb oder nicht ausgelebtem Hütetrieb sein. Es kann aber auch nur der Versuch sein, großer Unsicherheit durch „Draufgehen“  zu begegnen. Auch Probleme beim alleine zu Hause sein, können viele verschiedene Ursachen haben, angefangen dabei, dass der Hund das Alleinsein nie vertrauensvoll gelernt hat, nicht ausgelastet ist und alleingelassen seinen Frust auslebt, oder mit der Situation (große Wohnung, viele Umgebungsreize) schlicht und ergreifend überfordert ist. Es gibt allerdings auch Hunde, die tatsächlich kaum unter Kontrolle zu bringende Verlustängste haben…

Abhängig von der jeweiligen Ursache muss der Umgang mit dem Problem natürlich auch ein anderes sein, ansonsten können wohlgemeinte Korrekturversuche ihr Ziel verfehlen oder schlimmstenfalls ein Problem sogar verstärken. Darum möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass meine Lösungsansätze im Umgang mit Kenzies „Problemen“ nicht zwangsläufig auch ein Allheilmittel für, oberflächlich betrachtet, vergleichbare Verhaltensauffälligkeiten bei anderen Hunden sind und diese unbedingt individuell betrachtet werden müssen.

Kenzie war ja bereits knappe sechs Monate, als sie zu uns kam. Sie kannte fast nichts, war entsprechend mangelhaft sozialisiert und hatte sich bereits eine Menge fehlerhaftes Verhalten eingeprägt. Da sie die Monate davor quasi auf der Straße lebte, war sie zwar selbstständiger als altersüblich, dabei aber extrem unsicher. Möglicherweise ist Kenzie sogar ein bisschen depriviert.

Anmerkung: unter Deprivationssyndrom versteht man eine Entwicklungsstörung im Gehirn, angelegt in der sensiblen Phase und hervorgerufen durch fehlende Umweltsozialisierung (siehe auch "Der junge Hund"). Solche Hunde sind häufig sehr unsicher, sehr nervös, haben einen hohen Erregungslevel, neigen verstärkt zu Aggressivität, zu Übersprungshandlungen und Verhaltensauffälligkeiten wie Stereotypien (diese Hunde wirken manchmal wie gefangen im eigenen Körper) oder permanentes sich selber kratzen (diese Aufzählung ist allerdings mit Sicherheit nicht vollständig). Sie sind häufig (ein Leben lang) stressanfällig, schwierig zu trainieren und können vor allen Dingen einmal Gelerntes nicht auf vergleichbare Situationen übertragen. Hunde mit Deprivationsschäden können diese Mängel aus der sensiblen Phase nie (!) gänzlich aufholen, allerdings können sie den Umgang hiermit, abhängig vom Ausmaß der Defizite, mehr oder weniger gut erlernen. Das erfordert allerdings viel Geduld und Training und vor allen Dingen das tiefe Verständnis für die Situation des Hundes und die Folgen.

Kenzies „Problem“ war allerdings vielschichtig. Nicht nur, dass sie viele Alltagsdinge und -situationen nicht kannte und sie dementsprechend auch nicht auf ihre Gefährlichkeit hin einschätzen konnte, sie hatte auch ganz offensichtlich bereits ihre eigene Überlebensstrategie entwickelt. Diese bestand darin, alles, was sie nicht kannte (und das war verdammt viel) lautstark bellend anzugehen. Dazu kam, dass sie nicht gelernt hatte, Bewegungsreize auszuhalten. Wagte Das- /Derjenige (Fußball, Skater, Autos mit Anhänger, etc.) sodann zu flüchten, raste sie völlig unabrufbar und immerfort kläffend hinterher. Ich hatte keine Chance, sie zu erreichen.

Erschwerend kam hinzu, dass Kenzie bereits die Erfahrung schwerer körperlicher Maßregelungen machen musste. So hatte sie anfangs auch keinerlei Vertrauen in mich und dementsprechend auch keine Bereitschaft, sich ernsthaft an mich zu binden. Daher war es mir auch kaum möglich, sie „vertrauensvoll“ an Neues heranzuführen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich eine Weile gebraucht habe, bis ich die Problematik in ihrer Gesamtheit begriffen hatte und die Situation richtig einordnen konnte. Mein erstes Ziel war also, Ruhe in den Alltag bringen (was mir schon wegen meines Naturells eher schwer fällt…) und in einem nächsten Schritt Kenzie Sicherheit geben. Draußen bedeutete dies, konsequente Leinenführung (je nach Situation normale Führ- oder aber Schleppleine) und freies Toben und Spielen nur an völlig ungefährlichen und komplett einsehbaren Plätzen. Im Haus bedeutete dies, insbesondere wenn ich die Hunde mal alleine lassen musste, Boxenruhe für Kenzie. Dazu später mehr.

Wir haben uns dann in ganz kleinen Schritten voran gearbeitet, erst an sehr ruhigen Plätzen trainiert und nach und nach stärker belebte Plätze aufgesucht (Kenzie reagierte anfangs auch häufig mit Durchfall und/oder Erbrechen auf Neues und den damit verbundenen Stress). Unser Training begonnen haben wir in einem räumlich sehr großzügig angelegten Baumarkt, der in der Regel nicht so stark besucht ist. Grundsätzlich sollte man darauf achten, dass der Hund vor solchen Trainingseinheiten ausreichend Möglichkeiten zum Lösen, Bewegen, Spielen hatte, damit er nicht angespannt, sondern möglichst entspannt mit der neuen Situation konfrontiert wird. An möglichst lockerer Leine habe ich Kenzie durch die Gänge geführt, blieb sie stehen, habe ich sie gucken und schnüffeln lassen, habe sie zum Weitergehen animiert, und nicht per Leine hierzu gezwungen. Die Trainingseinheiten sollten anfangs wirklich kurz gehalten werden, um eine Überforderung zu vermeiden und, vor allen Dingen, die Trainingseinheit abschießen zu können, bevor der Hund vor lauter Reizen abgeschaltet hat. Diese Zeitintervalle sind allerdings von Hund zu Hund verschieden, hier muss jeder Hundehalter sehr genau auf beginnende Anzeichen von echtem Stress achten…. Belohnt habe ich immer dann, wenn Kenzie mir - völlig unaufgeregt -  Aufmerksamkeit schenkte. Nach und nach haben wir auch weitaus belebtere Plätze wie Rheinufer, Wildpark, Minigolfplatz, ein Reitturnier etc. besucht. Die Vorgehensweise war allerdings immer ähnlich der im Baumarkt.

Ich habe diese Trainingseinheiten teilweise alleine mit Kenzie, teilweise zusammen mit Sheela durchgeführt, beide Vorgehensweisen haben Vor- und Nachteile.

Der souveräne Ersthund vermittelt, immer vorausgesetzt, der unsichere Hund ist überhaupt noch ansprechbar, Ruhe und Erfahrung. Die Orientierung an einem anderen Hund kann im Training eine wunderbare Hilfe sein. Insbesondere in Alltagssituationen (Mensch mit Schubkarre, Mensch mit Menschenkind im Arm, Mensch mit Regenschirm oder Walkerstöcken, …) kann die vom Ersthund ausgehende Gelassenheit den unsicheren Hund durchaus beruhigen. Anderseits ist die Bereitschaft des unsicheren Hundes, sich an seinem Menschen zu orientieren, deutlich größer, wenn man alleine und ohne den anderen Hund trainiert. Dies fördert Vertrauen und Bindung zwischen Hund und seinem Menschen.

Im Übrigen habe wir sehr fleißig das Abrufen geübt, sowie natürlich die sonstigen Übungen der Unterordnung wie „Sitz“, „Platz“ etc. Jede Art von positiv gestalteter Beschäftigung mit dem Hund, also auch das Erarbeiten von alltäglichen Hörzeichen, fördert nämlich auch die Beziehungsarbeit zwischen Mensch und Hund! Allerdings gilt auch hier und insbesondere bei sehr stressanfälligen Hunden: Ruhe reinbringen! Ich baue diese alltäglichen Übungen, neben dem Training auf dem Hundeplatz, immer mal in unsere Spaziergänge ein.

Schwerpunkt unseres Trainings auf dem Hundeplatz war allerdings etwas ganz Anderes (abgesehen vom Erlernen des Umgangs mit Artgenossen). Kenzie war und ist ein überaus „hibbeliger“ Hund und muss hier in erster Linie einmal das Warten, bis sie dran ist, üben. Hierbei entwickelte sie deutlich Stress durch Frustration, dem ich mit Ruhe und Konsequenz begegnet bin. So habe ich sie immer erst eine Übung machen lassen, wenn sie ruhig war und mir auch ihre Aufmerksamkeit schenkte. Mittlerweile ist sie beim Warten sogar überwiegend gelassen…

Fehlende oder sehr niedrige Frustrationstoleranz, möglicherweise sogar gepaart mit Nicht-Aushalten-Können von Bewegungsreizen, sind relativ typische Symptome vermeintlich „schwieriger“ Hunde. Hierzu gehört übrigens auch die eine oder andere Leinenaggression (nicht alle!!!). Diese Hunde haben während der sensiblen Phase häufig schlicht und ergreifend nicht lernen dürfen, Frust und/oder Bewegungsreize einfach mal auszuhalten, also mal nicht mitspielen, dem Ball nicht hinterher rennen, (angeleint) einem anderen Hund eben nicht mal schnell „Hallo“ sagen dürfen. Sind aus unseren süßen Welpen, denen man einfach nichts abschlagen konnte, dann ausgewachsene Hunde geworden, wird allzu schnell vorausgesetzt, dass sie mit derartigen Situationen völlig gelassen umgehen, und können sie dies nicht, wird tief in die Trickkiste gegriffen, um dem Hund dann zum Beispiel ein „Schau!“ (mich an) abzuverlangen.

Zurück zu Kenzie und dabei doch beim Thema bleibend: mit der Korrektur unseres größten Problems, der fehlenden Abrufbarkeit beim plötzlichen Auftauchen schneller und / oder lauter (Bewegungs-) Reize und dem Draufgehen auf das Bedrohliche habe ich mich sehr intensiv beschäftigt. Ich persönlich halte in einem solchen Fall wenig von Ab- bzw. Umlenkung, erfordert dieses Vorgehen doch ein permanentes Wachen über den Hund und seine Umgebung und ist letztendlich doch nur eine Manipulation des Hundes, ohne dass dieser lernt, was richtig und was falsch ist. Auch von der sehr aufwändigen Methode der schrittweisen Desensibilisierung und gleichzeitigem Abruf einer Ersatztätigkeit, bin ich nicht überzeugt, baut sich doch der jeweilige Trieb und das Frustpotential bei falscher Wahl der Mittel möglicherweise weiter auf.

Stattdessen halte ich die schrittweise Auseinandersetzung mit der Konfliktsituation (Sensibilisierung) für den geeigneten Weg, dem Hund zu lehren, was richtig oder falsch ist (Sozialisierung). So musste Kenzie erst einmal lernen, Reize auf größere Entfernungen auszuhalten. Hierzu habe ich mich so nah wie möglich, aber soweit wie nötig an zum Beispiel Spielplätze, Fahrradwege, Rollschuhbahnen gesetzt. Der Hund sollte die Situation gerade noch aushalten können, ohne Stresssymptome zu zeigen. Während ich, den Hund nicht beachtend, dort gesessen und gelesen habe, sollte Kenzie die Reize einfach erleben und ertragen lernen. Die Anforderung kann dann sukzessive durch näheres Herangehen an den Reiz gesteigert werden. Wichtig ist, dass der Hund dabei nicht ab- oder umgelenkt oder durch permanente Besäuselung in seiner Unsicherheit bestärkt wird.

Parallel dazu habe ich anfangs bei Kenzie beim plötzlichen und unerwarteten Auftauchen eines Reizes (beim Spazierengehen zum Beispiel) mit eindeutigen Abbruchsignalen gearbeitet. Bei uns war es der entstehende Ruck beim Erreichen des Endes einer Schleppleine (also kein aktives Rucken durch den Hundeführer), der den Abbruch zusammen mit einem deutlichen „Nein“ signalisierte. Sowie dann das unerwünschte Verhalten unterbrochen ist und ich auch nur den Hauch von Aufmerksamkeit meines Hundes erhaschen kann, wird angemessen gelobt. In Alltagssituationen, in denen ich keine Schleppleine dabei hatte, blieb Kenzie an der Leine und ich ignorierte jedes Zucken, jede Aufregung, jedes Aufbäumen, jede Ablenkung und bin einfach meines Weges gegangen (ich muss dazu sagen, Kenzie ist kein Leinenzieher). Auf diese Art und Weise habe ich Kenzie signalisiert, dass alles ganz normal ist. Verstärkt wurde diese Selbstverständlichkeit durch Sheela, die völlig gelassen und souverän mit jedem Umgebungsreiz (außer Schüssen)  umgeht.

Das Arbeiten mit Abbruchsignalen birgt allerdings auch viele Risiken, wenn sie falsch angewendet werden. Das Abbruchsignal selbst soll erreichen, den Hund von einer bestimmten Handlung abzuhalten. Hierfür ist ein der Psyche des Hundes und der Situation angemessenes Signal vorzusehen. In der Regel sollte die deutlich erhobene, eventuell auch drohende Stimme ausreichend sein („Nein“). Der Einsatz einer Rappelbüchse, Wurfkette, Discs etc. ist sehr sorgfältig abzuwägen. Besser ist, die Unterstützung durch einen professionellen Trainer zu erwägen. Ganz wichtig ist das richtige Timing. Das Signal muss sofort bei den ersten Anzeichen des Einsetzens des unerwünschten Verhaltens erfolgen. Ansonsten „verpufft“ seine Wirkung oder, schlimmer noch, der Hund „lernt“, dieses zu ignorieren. Mindestens genauso wichtig ist aber auch die sofortige (!) positive Bestätigung, wenn der Hund von seiner Handlung abgelassen hat (aber erst dann und nicht als Ab-/Umlenkung!). Ich arbeite hier mit einem Markersignal (in meinem Fall „suuuuupppppeeerrrr!“, kann aber zum Beispiel auch ein Click des Clickers sein!). Anschließend folgt eine, der Situation angemessene Belohnung (Spielie, Futter, Jackpot).

Anmerkung: in der ganz normalen Sozialisierungsphase (und auch danach), also bevor ein Problem überhaupt erst entstanden ist, werden Selbstverständlichkeiten, also der Hund verhält sich neutral beim Auftauchen eines alltäglichen Reizes (Fahrradfahrer, Jogger, etc.), auf keinen Fall belohnt, weil in diesem Fall unangemessen Aufmerksamkeit auf etwas ganz Normales gelegt wird!

Ich habe diesen Abbruch mit Kenzie über die Dauer von etwa sechs Wochen ausschließlich an der langen Leine (15m) geübt (bitte Schleppleine nur an geeigneten Geschirren befestigen, um das Risiko von Wirbelsäulenverletzungen zu minimieren!). Beim Abbruchtraining sollten die Anforderungen allmählich gesteigert werden, beginnend in reizarmen Umgebungen (Feld) bis hin zu stärker frequentierten Spazierwegen und Ausflugsgebieten. Außerhalb der Trainingssituation hatte ich sie in dieser Zeit an der normalen Führleine. Der ganz große Vorteil der konsequenten Leinenführung liegt in der Sicherheit, die der Hund vermittelt bekommt. Dies umso mehr, weil in der Regel auch der Hundeführer aus „Angst“ vor schwierigen Situationen unsicher und vorgespannt ist. Dies überträgt sich auch auf den Hund. Die Leine gibt also beiden, Hund und Hundeführer, ein gutes Stück Sicherheit und damit auch dem Hundeführer die in diesen Fällen so wichtige Souveränität.

Für ein „Antiautojagd – Training“ eignen sich kleinere Industriegebiete mit nur mäßigem Verkehr (es reicht ein (!) „rappelnder“ Laster zum Trainieren!). Auch hier muss der Hund gut und ausreichend gesichert sein. Ich empfehle dennoch, sich für ein derartiges Training professionelle Unterstützung zu holen.

Ganz nebenbei kann man mit der langen Leine auch prima ein Stoppkommando auf Entfernung üben!

Ein weiterer Aspekt in der Ausbildung des unsicheren Hundes und bei der Abbruchkontrolle ist die Mitarbeit der auf den Hund bedrohlich wirkenden Personen. Diese hiervon zu überzeugen ist auch nicht immer einfach, wurden sie doch ihrerseits durch den Hund bedroht. Klassisches  „Drohpotential“ aus der Sicht unsicherer Hunde haben zum Beispiel auf einer Mauer liegende, im Garten gebückt arbeitende, Säuglinge im Tuch und Kinder auf den Schultern tragende Menschen (u.v.m.). Ich bin damals dazu übergegangen, den betroffenen Personen die Situation zu erklären (mit dem wild kläffenden Hund an der Leine) und habe sie darum gebeten, mich ihnen nähern zu dürfen. Abgesehen davon, dass die meisten Mitmenschen hierfür Verständnis zeigten und meiner Bitte entsprachen, zeigte diese Vorgehensweise unglaublich viel positive Wirkung. Denn, wird ein Hund permanent von der für ihn bedrohlichen Situation weggezerrt, womöglich auch noch laut zeternd, wie bitte soll er lernen, dass hiervon gar keine Gefahr ausgeht? Im Gegenteil, dieses menschliche Verhalten kann aus Hundesicht eine Bestärkung der Situation bedeuten.

Natürlich darf man bei allem Training nicht vergessen, dass jeder Hund auch die Möglichkeit haben muss, seine Triebe ein Stück weit ausleben und Frust abbauen zu können. Ich gebe meinen Hunden im ausgiebigen, aber kontrolliertem Ballspiel die Möglichkeit zur Befriedigung des Jagd- und Beutetriebes. Meine Hunde lieben es, die „Beute“ zu fangen und zu „erlegen“. Ich nutze das Spiel mit dem Ball aber auch zur Festigung des Grundgehorsams und zur Impulskontrolle. So müssen die Hunde auch mal sitzend dem weghüpfenden Ball hinterher schauen, dürfen ihn erst auf Kommando holen oder werden auf dem Weg dahin abgerufen. Dies sind auch schöne Übungen für den Ernstfall bei Wildbegegnungen, wenn auch natürlich keine Garantie für Erfolg. 

Ein weiteres und vor allen Dingen für Nachbarn sehr störendes Problem ist, dass Kenzie mit dem Alleinsein nur schwer umgehen konnte. Einerseits hatte sie dieses wahrscheinlich nie gelernt, anderseits war sie mit der Situation völlig überfordert. Unsichere Hunde reagieren überaus schnell auf Außenreize und puschen sich, können sie sich ihnen nicht entziehen, hieran entsprechend hoch. Da unsere Wohnung ebenerdig liegt und viele Fenster hat, dringen sowohl Geräusche als auch Sichtreize relativ leicht ein. Kenzie, die ja auch eine gehörige Portion Schutztrieb hat, ist während meiner Abwesenheit regelrecht die Wände hochgegangen. Dabei hat sie hysterisch gekläfft. Selbstredend, dass sogar Sheela sich hiervon mitreißen lies…

In so einem Fall bewirkt eine Hundebox wahre Wunder (sofern Hunde an Transportboxen, zum Beispiel beim Autofahren, bereits gewöhnt sind). Ich wusste bereits, dass Kenzie im Auto in der Transportbox sehr gut alleine sein konnte, auch ohne Sheela (Trainingssituation: getrenntes Arbeiten auf dem Hundeplatz). Ich hatte damals im Korridor, welcher nur ein hoch gelegenes Fenster hat, eine geräumige Hundebox stehen. Anfangs habe ich die Hunde während meiner Abwesenheit getrennt, Kenzie in die (geschlossene) Box und Sheela im Wohnraum. Fakt ist, dass Kenzie, auf diese Art und Weise von Außenreizen abgeschottet und in ihrer „sicheren Höhle“ verborgen, sofort völlig problemlos alleine bleiben konnte. Die Hundebox kann einem unsicheren oder ängstlichen Hund Schutz ähnlich einer Höhle bieten! Im nächsten Schritt habe ich die Box offen, die Hunde dennoch getrennt und die Korridortür verschlossen gelassen. Konsequenter Weise war der nächste Schritt die offene Tür, sodass die Box zum freiwilligen Rückzugsmöglichkeit für Kenzie wurde. Mittlerweile kann Kenzie schon lange, auch außerhalb von ihrer Box, alleine bleiben (auch in ihr fremden Hotelzimmern).

Ansonsten ist Kenzie alles in allem zwar nach wie vor in gewissen Situationen draußen unsicher und aufgeregt, lässt sich aber gut durch solche Situationen führen. Bewegungsreize hält sie gut aus und sie ist sehr gut abrufbar. Kenzie wird nie ein „einfacher“ Hund sein, ich muss immer mit einem Auge/Ohr bei ihr sein, aber dennoch ist sie mittlerweile im Alltag, wie auch im Hundesport, ein ganz wunderbar zu handhabender Hund und ich muss rückwirkend feststellen, dass sich die viele Mühe und Arbeit gelohnt haben!